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Langzeitschädigung mit Folgen

Versicherungsfall Berufskrankheit

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Bild: Zerbor / stock.adobe.com

Ein Unfall im Feuerwehrdienst ist leider schnell geschehen: Bei einem Unfall handelt es sich gemäß Definition um ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden führt. Doch was ist, wenn ein Gesundheitsschaden über einen längeren Zeitraum entsteht? In wie weit dann eine sogenannte Berufskrankheit (BK) in Betracht kommen kann, erklären wir in diesem Beitrag.

Neben dem Arbeitsunfall und dem Wegeunfall gibt es die Berufskrankheit als Versicherungsfall in der Gesetzlichen Unfallversicherung. Von einer Berufskrankheit spricht man bei Erkrankungen, die durch schädigende Einwirkungen über einen längeren Zeitraum bei einer Person durch eine versicherte Tätigkeit verursacht werden. Als Berufskrankheit kommen nur solche Erkrankungen in Frage, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht werden. Diesen Einwirkungen müssen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit, wie z.B. im Beruf oder beim ehrenamtlichen Feuerwehrdienst, in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sein.

Grundsätzlich unterscheiden sich Berufskrankheiten von den Arbeitsunfällen also durch die Dauer der schädigenden Einwirkung. Im Gegensatz zum Unfall gibt es kein zeitlich begrenztes Ereignis, sondern eine andauernde schädigende Einwirkung, wie z.B. durch chemische Stoffe, Stäube, Lärm, Strahlung oder Infektionserreger.

Grundlagen

Generell werden Berufskrankheiten in Deutschland in einer Liste geführt. Diese Liste enthält aktuell 82 Krankheiten und wird regelmäßig aktualisiert. Gesetzliche Grundlage ist die Berufskrankheiten-Verordnung (BKV), die vom Gesetzgeber erlassen wurde. In der Gesetzlichen Unfallversicherung ist das Berufskrankheitenrecht im § 9 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) geregelt. Im Vergleich zur Häufigkeit von Unfällen kommt eine Berufskrankheit im Feuerwehrdienst selten vor. Mögliche Erkrankungen wären beispielsweise die Lärmschwerhörigkeit (in der genannten Liste als BK Nr. 2301 geführt), die bei Personen auftreten kann, die lange Zeit mit Maschinen und Gerätschaften z.B. bei der Wartung und Prüfung zu tun haben. Ebenfalls denkbar ist das durch Asbest verursachte Mesotheliom des Rippen- oder Bauchfells (BK 4105).

Die erste Berufskrankheitenliste wurde 1927 für Bergleute eingeführt. Sie umfasste insgesamt 11 Berufskrankheiten. Nach und nach wurden auch Krankheiten anderer Berufsgruppen in die Liste aufgenommen. Voraussetzung dafür ist, dass bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in einem erheblich höheren Maße gefährdet sind als die übrige Bevölkerung. Basierend auf Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft werde diese Krankheiten durch Rechtsverordnung als Berufskrankheit bezeichnet und in die Liste aufgenommen. Dafür hat die Bundesregierung einen unabhängigen Ärztlichen Sachverständigen-Beirat berufen.

Bild: Christian Heinz / HFUK Nord; Wo Maschinen und Gerätschaften, wie in einer Feuerwehrtechnischen Zentrale, gewartet und geprüft werden, können Langzeitschädigungen des Gehörs auftreten. Der Lärmschutz ist hier enorm wichtig.

In der Anlage dieser Rechtsverordnung werden alle Berufskrankheiten bzw. die sie verursachenden Stoffe aufgeführt. Sie sind in sechs verschiedene Gruppen aufgeteilt (siehe Kasten).

Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung
Einteilung in Gruppen

Nr. 1 Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten
Nr. 2 Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten
Nr. 3 Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten
Nr. 4 Erkrankungen der Atemwege und der Lungen, des Rippenfells und Bauchfells und der Eierstöcke
Nr. 5 Hautkrankheiten
Nr. 6 Krankheiten sonstiger Ursache

Wie läuft das Anerkennungsverfahren?

Damit eine Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt werden kann, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Im Gegensatz zum Arbeitsunfall, bei dem kurzgefasst eine versicherte Person bei einer versicherten Tätigkeit einen Unfall (plötzlich von außen einwirkendes Ereignis) und in Folge dessen einen Gesundheitsschaden erleidet, gelten bei einer Berufskrankheit andere Regeln. Eine Berufskrankheit erwirbt die versicherte Person, indem sie bei ihrer versicherten Tätigkeit den Gefährdungen in der Regel über einen längeren Zeitraum ausgesetzt ist. Die versicherte Tätigkeit kann bei verschiedenen Unternehmen nacheinander oder nebenher erfolgen. Nebenher kann z.B. sein, wenn Versicherte im ehrenamtlichen Feuerwehrdienst bei Brandeinsätzen den gleichen schädigenden Stoffen ausgesetzt sind wie im Hauptberuf.

Es wird unterschieden in:

  • Vollbeweis (Definition: Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit/ ohne ernsthaften Zweifel) Dies wäre der Fall, wenn nach einer vom Gesetzgeber definierten Zeit, in der die versicherte Person während der versicherten Tätigkeit der schädigenden Einwirkung ausgesetzt ist (die sog. Expositionszeit), ein Krankheitsbild gemäß der Berufskrankheitenliste vorliegt.
  • Hinreichende Wahrscheinlichkeit (Definition: Es spricht deutlich mehr dafür als dagegen) Der Kausalzusammenhang zwischen der Belastung bei der versicherten Tätigkeit bzw. am Arbeitsplatz und dem Krankheitsbild muss erfüllt sein.

Das Ermittlungsverfahren läuft nach dem folgenden Schema ab:

BK-Verdachtsanzeige
z.B. durch Versicherte, Arbeitgeber, Ärzte oder Krankenkassen

Erstermittlung
Anfrage an Versicherten, Arbeitgeber, Ärzte, Krankenkasse etc.

Ermittlung zur Belastung am Arbeitsplatz durch den Präventionsdienst

Begutachtung durch fachlich geeignete Gutachter/Gutachterinnen

ggf. Beteiligung staatliche/r Gewerbeärztin/Gewerbearzt (Hinzuziehung Gewerbeärztin/Gewerbearzt – dieses ist in einigen Ländern, wie z.B. Mecklenburg-Vorpommern vorgeschrieben)

Bescheiderteilung

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Bild: Christian Heinz / HFUK Nord; Kommt es zu erheblichen Schadstoffexpositionen, wie bei einem Brandeinsatz, müssen diese erfasst werden.

Kausalitäts- und Beweisgrundsätze

Eine Berufskrankheit beruht in den wenigsten Fällen auf einem einmaligen Ereignis, wie z.B. bei einem Pleuramesotheliom-Tumor, welcher durch eine einzige Asbestfaser ausgelöst werden kann. Daher ist es wichtig, dass alle Tätigkeiten im Berufsleben (und auch im ehrenamtlichen Feuerwehrdienst) erfasst werden, die mit einer Berufskrankheit im Zusammenhang stehen können.

Auch die Intensität und die zeitliche Dauer, in der man den schädigen Stoffen oder mechanischen Belastungen ausgesetzt war, muss möglichst genau ermittelt werden. Daraus werden dann die für die Anerkennung einer Berufskrankheit notwendigen Expositionen ermittelt. Natürlich werden auch die privaten Aktivitäten erfasst, weil jeder Mensch mehr oder weniger auch privat mit gefährdenden Stoffen oder Belastungen in Berührung kommt. Als Beispiel sei hier nur der Zigarettenkonsum genannt. Dieses muss von den versicherungsrelevanten Expositionen abgegrenzt werden.

Bei der Durchführung der Ermittlungen stehen die Versicherten in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht alleine da. Das ist vom Gesetzgeber auch eindeutig so gewollt und in § 9 Abs. 3a SGB VII wie folgt geregelt:

Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Feuerwehr-Unfallkassen setzen sich also mit den Versicherten zusammen, um alle erforderlichen Daten gemeinsam zu ermitteln.

In Zukunft etwas leichter

Man kann sich vorstellen, dass die vorgenannten Datenermittlungen nicht gerade ein Spaziergang sind. Hinzu kommt, dass bei Brandeinsätzen auch krebserzeugende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe oder kanzerogene Stoffe freigesetzt werden, die auch bei Berufskrankheiten eine Rolle spielen. Eine aktuelle Studie der DGUV hat ergeben, dass die persönliche Einsatzschutzkleidung sehr gut schützt. Es kann jedoch nicht hundertprozentig ausgeschlossen werden, dass es nicht auch Einsätze gibt, bei denen Schadstoffe in den Körper gelangen. Deshalb ist eine Dokumentation der Exposition wichtig und gesetzlich gefordert.

Unter anderem deshalb wird von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) die sogenannte Zentrale Expositions-Datenbank (ZED) vorgehalten. Hier können alle Schadstoffexpositionen, die während eines Einsatzes stattfanden, erfasst werden. Auch die Dauer des Einsatzes und die Nennung der Einsatzkräfte werden hier datenschutzkonform aufgenommen. Der Träger der Feuerwehr hat damit eine optimale Möglichkeit, seiner Fürsorgepflicht für die ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen nachzukommen, denn auch die gesetzlich vorgeschriebene Aufbewahrungspflicht dieser Daten von 40 Jahren wird garantiert. Obendrein ist die Nutzung kostenlos.

Wichtige Medien und Links zum Thema
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