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Soziale Absicherung von Hinterbliebenen

Ohne Trauschein glücklich!?

Rosenstrauß mit Ringen
Foto: Lovely Pictures by Jenny Schmidt

Der Dienst in der Freiwilligen Feuerwehr ist gefährlich. Das beweisen die Unfallstatistiken der gesetzlichen Unfallversicherungsträger. Leider gibt es auch immer wieder Unfälle, bei denen Feuerwehrangehörige ums Leben kommen. Dann müssen die Hinterbliebenen versorgt werden. Nun kommt es auch bei Feuerwehrangehörigen häufiger vor, dass sie ihre Lebenspartner bzw. Lebenspartnerinnen nicht heiraten, sondern ohne Trauschein zusammen leben. Da diese Partner bzw. Partnerinnen nicht zu den versorgungsberechtigten Personen zählen, die nach einem tödlichen Unfall einen gesetzlichen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen haben, wurde insbesondere durch die Feuerwehr- Unfallkassen bereits vor mehr als zehn Jahren versucht, eine Änderung herbeizuführen. Diese Initiativen waren leider nicht von Erfolg gekrönt. Ein tödlicher Unfall auf der Autobahn 2 bei Kloster Lehnin in Brandenburg, bei dem im November vergangenen Jahres zwei Feuerwehrmänner ihr Leben verloren, rückte diesen Umstand nun wieder in den Fokus der Öffentlichkeit.

Der Titelbeitrag dieser Ausgabe ist deshalb der Problematik der nichtverheirateten Hinterbliebenen gewidmet. Wir stellen einerseits die derzeitige Rechtslage dar und zeigen auf, was in Zukunft geändert werden sollte.

Wer zählt zu den Hinterbliebenen?

Bei dem Begriff „Hinterbliebene“ fallen jedem in erster Linie die Ehegatten Verstorbener als Witwe oder Witwer ein. Eingetragene Lebenspartner sind durch das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) Ehegatten gleichgesetzt. Zu den Hinterbliebenen zählen natürlich sogenannte Blutsverwandte, die eng mit der verstorbenen Person verwandt waren, wie Kinder und Eltern. Pflege-, Stief- und Adoptivkinder sind den Kindern gleichgestellt. Andere nahe Verwandte sind zudem Geschwister oder Enkelkinder. Im allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet das Wort Hinterbliebene: Angehörige eines Verstorbenen, bzw. ihm nahestehende Personen. Somit sind auch die nichtehelichen Partner Hinterbliebene der verstorbenen Person.

Gemaltes Feuerwehrbild
Dieses Kalenderbild aus den 1980er Jahren zeigt ein etwas tradiertes Rollenbild. Die soziale Absicherung der Familien der Feuerwehrangehörigen war aber schon damals ein wichtiges Anliegen. Und ist es heute umso mehr – egal ob mit oder ohne Trauschein!

Wie werden Hinterbliebene versorgt?

Die Hinterbliebenenversorgung der gesetzlichen Unfallversicherung hängt von sehr vielen Faktoren ab, z.B. ob es sich um eine Rente nach „altem“ oder „neuem“ Recht handelt: Die Hinterbliebenenrente wurde 2002 gesetzlich neu geregelt. Im Vergleich zwischen kleiner und großer Witwenrente werden die grundlegenden Unterschiede der Regelungen nach altem und neuem Recht deutlich. Auch das Alter der Hinterbliebenen und das Vorhandensein von Kindern spielen eine erhebliche Rolle. Die eigene Erwerbsminderung der Hinterbliebenen wird ebenso berücksichtigt. Allerdings entsteht der Leistungsanspruch bei einem Unfall im Feuerwehrdienst im Gegensatz zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht erst nach fünfjähriger Beitragszahlung des Versicherten. Von den Feuerwehr- Unfallkassen werden die vollen Hinterbliebenenleistungen erbracht, auch wenn der Versicherte am ersten Tag seiner Mitgliedschaft in der Freiwilligen Feuerwehr durch ein Unfallereignis im Feuerwehrdienst verstirbt. Außerdem werden die Leistungen von Amts wegen erbracht. Ein Antrag, wie in der Rentenversicherung, ist somit nicht erforderlich.

Doch damit nicht genug. Weil die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr ihren Dienst unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich erbringen, hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, dass die Unfallversicherungsträger aufgrund des § 94 Sozialgesetzbuch (SGB) VII Mehrleistungen erbringen können. Diese variieren von Land zu Land, weil die für die Freiwilligen Feuerwehren zuständigen Unfallversicherungsträger unter Länderhoheit stehen. Grundsätzlich erhalten aber alle Feuerwehrangehörigen bzw. deren Hinterbliebene in der Bundesrepublik bei einem anerkannten Arbeitsunfall im Betrieb der Feuerwehr Mehrleistungen.

Hinterbliebene sind nicht gleich Hinterbliebene

Wie in der gesetzlichen Rentenversicherung, gibt es auch in der gesetzlichen Unfallversicherung eine sogenannte kleine Witwenbzw. Witwerrente und eine große Witwen- bzw. Witwerrente. Diese ist zum Teil altersabhängig. Die Altersgrenze wird von 45 Jahre im Jahre 2012 stufenweise angehoben auf 47 Jahre im Jahr 2029.

Die große Witwen- bzw. Witwerrente bekommen Ehepartner bzw. Lebenspartner nach dem LPartG, die über 45/47 Jahre sind. Jüngere Hinterbliebene bekommen diese Rente, wenn sie mindestens ein Kind unter 18 Jahre oder (altersunabhängig) ein behindertes Kind erziehen. Weiterhin bekommen Hinterbliebene ebenfalls diese Rente, wenn sie selbst erwerbsgemindert sind. Laufende Renten plus Mehrleistungen zur Rente werden nach dem sogenannten Sterbevierteljahr gewährt. Als Berechnungsgrundlage für die gesetzliche Witwen-/Witwerrente dient der Jahresarbeitsverdienst (JAV) der Verstobenen in Höhe von 40 Prozent.
Die kleine Witwen- bzw. Witwerrente bekommen hinterbliebene Ehepartner bzw. Lebenspartner nach dem LPartG unter 45/47 Jahre, die kein Kind erziehen und nicht erwerbsgemindert sind. Sie erhalten nach dem Sterbevierteljahr für 24 Monate eine Rente sowie die entsprechenden Mehrleistungen. Dann wird die Rentenzahlung eingestellt. Allerdings werden auch nur 30 Prozent des JAV der Verstobenen in Ansatz gebracht. Sollten die Hinterbliebenen nach Erreichen der Altersgrenze für die große Witwen-/Witwerrente nicht wieder verheiratet sein, lebt die Rentenzahlung wieder auf.

Unabhängig, ob große oder kleine Witwen- bzw. Witwerrente, werden an Hinterbliebene einmalige Mehrleistungen gewährt. Dabei handelt es sich in der Regel um einen fünfstelligen Einmalbetrag. Die Höhe der einmaligen Mehrleistung ist wiederum länderabhängig. Die Bandbreite reicht von knapp über 10.000 EUR bis 60.000 EUR. In vielen Ländern werden zudem Mehrleistungen zum Sterbegeld gezahlt. Mit dieser Leistung soll sichergestellt werden, dass alle Kosten für die Beerdigung der Verstorbenen gedeckt sind.

Während die gesetzliche Witwen-/ Witwerrenten nach dem Status der hinterbliebenen Ehepartner bzw. Partner nach dem LPartG variieren, unterscheiden sich die Mehrleistungen nach den jeweils in den Ländern zuständigen Feuerwehr-Unfallkassen bzw. Unfallkassen. Das wirft Fragen auf, wie so etwas sein kann. Schließlich hat jeder, im Feuerwehrdienst tödlich Verunfallte, sein Leben im ehrenamtlichen Dienst für die Allgemeinheit verloren. Die besondere Gefahr, die sich aus dem Feuerwehrdienst ergibt, ist auch nicht davon abhängig, ob dieser Dienst im Norden oder Süden, Osten oder Westen stattfindet. Dies sieht auch der Deutsche Feuerwehrverband so. Leider scheiterten bisherige Initiativen, die Mehrleistungen bundesweit auf ein einheitliches Niveau anzupassen. Die föderalistische Struktur der Bundesrepublik erleichtert derartige Initiativen nicht gerade.

Bekommen alle Hinterbliebenen Rentenleistungen?

Dies kann für alle vom Gesetzgeber definierten Hinterbliebenen bejaht werden. Neben Witwen und Witwern bekommen die ihnen gleichgestellten Lebenspartner nach dem LPartG wie beschrieben eine Rente. Waisen haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres und wenn sie in Schul- oder Berufsausbildung sind, bis längstens zur Vollendung des 27. Lebensjahres einen eigenen Anspruch auf Hinterbliebenenrente plus Mehrleistungen. Sogar Eltern können unter bestimmten Voraussetzungen Rentenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung erhalten.

Diagramm
Möglichkeit einer Entschädigung von unverheirateten hinterbliebenen Lebenspartnern. Grafik: HFUK Nord

Trifft dies auch für alle Hinterbliebenen zu?

Leider nur für fast alle. Dass sich unsere Welt gewandelt hat, hat der Gesetzgeber bereits vor einigen Jahren erkannt und das Lebenspartnerschaftsgesetz eingeführt. Zwischenzeitlich können auch gleichgeschlechtliche Paare heiraten. Leben jedoch Paare ohne Trauschein zusammen, so gehen diese nach Willen des Gesetzgebers leer aus. Begründet wird dies mit dem besonderen Schutz für Ehe und Familie. Muss denn dieser besondere Schutz gleichbedeutend sein, dass Paare ohne Trauschein komplett leer ausgehen? Schließlich können auch diese Paare Verantwortung für einander übernehmen. An anderer Stelle sieht das der Staat im Übrigen auch so. Im Sozialgesetzbuch (SGB) II sind in § 7 Abs. 3, 3a die sogenannten Bedarfsgemeinschaften definiert. über den Hintergrund dieser Bedarfsgemeinschaften soll an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden.

Im Umkehrschluss sollte auch ein Leistungsanspruch, insbesondere für ehrenamtliche Feuerwehrangehörige, möglich sein. Der Unfall im Land Brandenburg auf der BAB 2 im November letzten Jahres hat dies sehr deutlich gemacht. Hierbei waren zwei Feuerwehrangehörige zur gleichen Zeit auf die gleiche Weise ums Leben gekommen, als ein LKW das Fahrzeug der Feuerwehr zum Umstürzen brachte, welches die Einsatzkräfte unter sich begrub. Beide haben ihr Leben verloren, als sie sich unentgeltlich und ehrenamtlich für die Allgemeinheit eingesetzt haben - und beide Feuerwehrangehörige hatten eine Partnerin, für die sie in ihrer Beziehung Verantwortung übernommen hatten. Der einzige Unterschied war der nur bei einem Paar vorhandene Trauschein.

Auch unter Berücksichtigung des besonderen Schutzes von Ehe und Familie sollte es nicht so sein, dass es am Ende heißt: „alles oder nichts“. Die Landesregierung in Brandenburg hat dies erkannt und für Abhilfe gesorgt.

Welche Möglichkeiten zur Abhilfe gibt es?

Zum einen können die Länder festlegen, dass für jeden tödlich Verunglückten im Feuerwehrdienst eine Entschädigung gewährt wird, so wie es z.B. das Land Brandenburg umsetzt. Die Entschädigung für unverheiratete Hinterbliebene kommt vom Land und wird als Einmalzahlung ausgezahlt. Die Länder könnten in ihren Brandschutzgesetzen auch festlegen, dass für solche Fälle Fonds eingerichtet werden, denen die Kommunen betreten können. Da die Länder es ihren Städten und Gemeinden nicht vorschreiben können, sich an so einem Fonds zu beteiligen, kann es innerhalb eines Landes zu Unterschieden in der Leistungsgewährung kommen. Denn nur die Partner von Feuerwehrangehörigen, deren Kommune sich an so einem Fonds beteiligt, haben dann auch einen Leistungsanspruch.

Eine weitere Möglichkeit, eine Entschädigung zu gewähren, ist die Aufnahme von unverheirateten Partnern in die Reihe der Bezugsberechtigten für einmalige Mehrleistungen nach den Bestimmungen des jeweiligen Unfallversicherungsträgers. Aber selbst wenn die Selbstverwaltung, also Vorstand und Vertreterversammlung der Feuerwehr-Unfallkasse bzw. Unfallkasse, einen solchen Beschluss fassen, muss diese Leistung von der jeweils zuständigen Landesaufsicht genehmigt werden. Dieser Schritt ist bisher im Land Niedersachsen erfolgt.

Der Deutsche Feuerwehrverband als Interessenvertretung aller Feuerwehrangehörigen in Deutschland, würde es natürlich begrüßen, wenn alle, auch die unverheirateten Partnerinnen und Partner von im Ehrenamt tödlich Verunglückten eine Leistung erhalten würden. Damit die Länder sich nicht mehr einzeln mit der Grundsatzfrage befassen müssten, ob eine solche Leistung in den Mehrleistungsbestimmungen aufgenommen werden könnte, wäre eine Änderung im SGB VII erforderlich. Dies könnte z.B. dadurch erfolgen, dass unverheiratete Hinterbliebene von ehrenamtlich tägigen Feuerwehrangehörigen in den bezugsberechtigen Personenkreis von Mehrleistungen (§ 94 SGB VII) aufgenommen werden. Diese Änderung eines Bundesgesetzes wäre allerdings ein „Bohren dicker Bretter“ und bedürfte vor allem weiterer politischer Initiativen.

Es gibt also verschiedene Möglichkeiten, um Abhilfe für unverheiratete Lebenspartner zu schaffen und gleichzeitig den besonderen Schutz für Ehe und Familie zu betonen. Natürlich kann kein noch so hoher Geldbetrag das Leben eines Menschen ersetzen. Jedoch kann es bei einem plötzlichen Unfalltod schnell zu finanziellen Engpässen kommen, wie etwa bei einem Kredit für gemeinsames Wohneigentum. Wenn sich das Leben für die Angehörigen durch einen Todesfall gravierend verändert, ist es beruhigend, wenn die finanziellen Sorgen wenigstens etwas abgefedert werden. Dieser Anspruch sollte auch für unverheiratete Partner gelten. Eine zeitgemäße Unfallversicherung, die den veränderten Lebensverhältnissen Rechnung trägt, sollte dazu in der Lage sein. Die soziale Absicherung Freiwilliger Feuerwehrleute würde dann nicht mehr vom Trauschein abhängen.