Pandemie
Die Feuerwehren im Krisenmodus
Das Coronavirus hält die Welt in Atem. Unsere Gesellschaft durchlebt aktuell eine der größten Krisen der jüngeren Geschichte. Es gibt kaum Bereiche, die nicht von gravierenden Auswirkungen und Veränderungen durch die Pandemie betroffen sind. Dies gilt auch und in besonderem Maße für das gesamte Feuerwehrwesen. Aus aktuellem Anlass haben wir daher das Schwerpunktthema geändert.
Die durch das Coronavirus (SARS-CoV-2) verursachte Pandemie der Lungenkrankheit COVID-19 hat viele unterschiedliche Einflüsse auf den Dienstbetrieb der Feuerwehren. Die Feuerwehren wurden und werden vor neue und ungewohnte Herausforderungen gestellt. Viele gewohnte Dinge müssen neu gedacht und organisiert werden. Wir möchten mit diesem Beitrag dazu eine Orientierung und Unterstützung geben und stehen den Feuerwehren in diesen Zeiten zu den Fragen rund um das Pandemie-Geschehen mit Rat und Tat gerne zur Seite. Dabei geht es zum Beispiel um Fragestellungen bezüglich
- des Infektionsschutzes der Einsatzkräfte,
- der veränderten Bedingungen zur Durchführung von Übungs- und Ausbildungsdiensten,
- der gesundheitlichen und fachlichen Eignung der Feuerwehrangehörigen und
- regelmäßig durchzuführenden Prüfungen.
Infektionsschutz in der Feuerwehr
Einsatzkräfte können auf verschiedene Art mit Personen in Kontakt kommen, bei denen der Verdacht einer SARS-CoV-2 Infektion besteht bzw. die an COVID-19 erkrankt sind. Dies kann z.B. im Rahmen von Erstversorgungen/ First Responder Einsätzen, technischen Rettungen, Tragehilfe/ Unterstützung des Rettungsdienstes sowie Amtshilfe für Polizei oder Gesundheitsbehörden erfolgen. Eine weitere Gefahr der Infektion droht durch die Feuerwehrangehörigen untereinander bei Zusammenkünften jedweder Art. Egal auf welchem Wege, Infektionen der Feuerwehrangehörigen sind mit allen geeigneten Mitteln zu verhindern. Kommt es dennoch zu einer Ansteckung, sind die Folgen gravierend: Die Einsatzbereitschaft der gesamten Wehr steht möglicherweise in Frage.
Infektionen sind durch technische, organisatorische und persönliche Maßnahmen zu verhindern. In erster Linie muss die Feuerwehr einschätzen, inwiefern im Zuständigkeitsgebiet Einsatzaufträge wie Erstversorgungen, Tragehilfen und ähnliches abzuarbeiten sind.
Technische Maßnahmen können beispielsweise die Bereitstellung bestimmter Fahrzeuge für derartige Einsätze, konsequente Hygiene und Schwarz-Weiß-Trennung im Feuerwehrhaus sowie die räumliche Entzerrung und Abtrennung von Umkleidebereichen der Einsatzkräfte sein.
Organisatorische Maßnahmen betreffen zum Beispiel die Besetzung der Fahrzeuge mit weniger Personal als üblich, Änderungen in der Ausrückeordnung, gruppenweise Trennung der Mannschaften und Wechsel der Fahrzeugbesatzungen.
Persönliche Maßnahmen sind in erster Linie die Bereitstellung geeigneter Persönlicher Schutzausrüstungen für Einsätze mit Infektionsgefahren, aber auch die Einhaltung von Hygiene- und Verhaltensregeln durch jeden Einzelnen im Feuerwehrdienst.
Gerade in den ersten Wochen der Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland kam es bei einer Reihe von Feuerwehren zu der Situation, dass keine oder nur unzureichende Schutzausrüstung gegen Infektionen für die Feuerwehrangehörigen vorhanden war. Bei den Feuerwehren, die zu ihren Einsatzaufgaben die sogenannten First Responder Dienste zählen, sorgte dies für große Unsicherheiten. F ür die Zukunft wird die vorausschauende Planung der Ausstattung mit Persönlicher Schutzausrüstung eine große Rolle spielen.
Für alle diese Schutzmaßnahmen im Feuerwehrbereich gibt es mittlerweile eine fundierte und umfassende Handlungsanleitung namens „FachbereichAKTUELL“, Ausgabe FBFHB-016, die durch den Fachbereich „Feuerwehren, Hilfeleistungen und Brandschutz“ des Dachverbandes aller Unfallversicherungsträger, der DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung) unter Mitwirkung der Feuerwehr-Unfallkassen erarbeitet wurde. Die Schrift „FachbereichAKTUELL“ FBFHB-016 gibt es zum Herunterladen auf den Internet- Seiten der Feuerwehr-Unfallkassen, siehe farbiger Kasten auf Seite 4 der Ausgabe 2-2020 (PDF).
Übungen und Ausbildungsdienste fallen aus
Schwer getroffen hat die Feuerwehren auch das Kontaktverbot und die daraus resultierenden Einschränkungen des Übungs- und Ausbildungsbetriebes. Die Standortausbildung, Rückgrat der Einsatzbereitschaft und ein wesentlicher Faktor f ür den Erhalt der fachlichen Eignung der Feuerwehrangehörigen, musste in den Wehren komplett abgesagt werden. In einigen Feuerwehren sind Alternativen entwickelt worden, z.B. mit Video-Tutorials Ausbildungseinheiten aufzuzeichnen, die im Internet eingestellt werden, um sie den Feuerwehrangehörigen zum Anschauen daheim zur Verfügung zu stellen. Auch die Feuerwehr-Unfallkassen bieten eine Reihe Videos zum Herunterladen und Anschauen daheim. Weitere Informationen finden Sie ebenfalls im farbigen Kasten auf Seite 4 der Ausgabe 2-2020 (PDF).
Atemschutzstrecke und Eignungsuntersuchungen
Größere Probleme bereiten auch die Schließungen oder Einschränkungen der Feuerwehrtechnischen Zentralen. Die nach Feuerwehr- Dienstvorschrift (FwDV) 7 „Atemschutz“ durchzuführenden Belastungsübungen in den Atemschutzübungsanlagen können somit nicht von allen Feuerwehrangehörigen fristgerecht absolviert werden. Seitens der Feuerwehr- Unfallkassen ist es bei bestehender gültiger Eignung nach G 26 und bisher fristgerecht durchgeführter Belastungsübung weiterhin möglich, die Funktion Atemschutzgeräteträger bzw. -trägerin wahrzunehmen.
Zudem wurden unterschiedliche Länderregelungen für Fristüberschreitungen von Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren bei Eignungsuntersuchungen für den Atemschutzeinsatz (G 26) getroffen, wenn pandemiebedingt keine fristgerechte Untersuchung durchgeführt werden konnte.
Das bedeutet nicht, dass Feuerwehrangehörige, bei denen bereits vor Beginn der Pandemie keine gültige, bestandene G26-Untersuchung vorlag, jetzt wieder als Atemschutzgeräteträgerinnen oder -träger eingesetzt werden dürfen!
Zu den einzelnen Regelungen in den Ländern kann man sich bei seiner zuständigen Feuerwehr-Unfallkasse informieren.
Außerdemdem ist anzumerken: Neben der Eigenverantwortung aller Einsatzkräfte, gesundheitliche Einschränkungen umgehend mitzuteilen, dürfen Feuerwehrangehörige weiterhin nur für Tätigkeiten eingesetzt werden, für die sie körperlich und geistig geeignet sowie fachlich befähigt sind. Diese Vorgabe kommt bei den hier beschriebenen Ausnahmen im Besonderen zur Anwendung. Bei konkreten Anhaltspunkten, aus denen sich Zweifel an der Eignung von Feuerwehrangehörigen für die vorgesehene Tätigkeit ergeben, hat sich die Stadt bzw. Gemeinde als Unternehmen die Eignung ärztlich bestätigen zu lassen. Alternativ bedeutet das für den hier beschriebenen Fall, dass die betroffene Einsatzkraft nicht unter Atemschutz eingesetzt werden oder sogar gänzlich nicht am Feuerwehrdienst teilnehmen kann.
Der Einsatz ohne fristgerecht durchgeführte und „bestandene“ Belastungsübung und gültige G 26-Untersuchung kann nur für den vor übergehenden Ausnahmefall gelten. Pandemiebedingt nicht fristgerecht durchführbare Übungen und Untersuchungen sind so schnell wie möglich nachzuholen!
Prüfungen von Arbeitsmitteln, Ausrüstungen und Geräten
Die Coronavirus-Pandemie hat u.a. zur Folge, dass regelmäßige bzw. wiederkehrende Prüfungen an Ausrüstungen und Geräten der Feuerwehren nicht fristgerecht durchgeführt werden können. Zur Gewährleistung der Sicherheit und Gesundheit der Einsatzkräfte dürfen im Dienst nur regelmäßig geprüfte Ausrüstungen und Geräte eingesetzt werden. Bei Atemschutz- und Tauchgeräten, Chemikalienschutzanzügen, PSA gegen Absturz, Sprungrettungsgeräten, Lastaufnahmeeinrichtungen sowie Arbeitsmitteln, die als elektrische Betriebsmittel in engen Räumen verwendet werden, ist die Prüffrist unbedingt einzuhalten, da bei deren Benutzung erhöhte Gefährdungen bestehen.
Zu besonderen Regelungen in diesem Bereich informiert die bereits erwähnte Schrift „FachbereichAKTUELL“ FBFHB-016.
Pandemievorsorge
Die aktuelle Lage führt eindrucksvoll vor Augen, dass es neue Herausforderungen gibt, denen sich die Feuerwehren in ihrem Tätigkeitsgebiet stellen müssen. Die Verbreitung des Coronavirus hat der Welt einmal mehr vor Augen geführt, dass Pandemien auftreten können. Pandemievorsorge ist deshalb ein wichtiges Thema, auch für die Feuerwehren. Die wichtigen Fragen, aktuell und in Zukunft, sind z.B.:
- Wie kann die Einsatzbereitschaft der Feuerwehren angesichts einer Pandemielage sichergestellt werden? Beispielfrage: Welche Kräfte stehen mit welcher Qualifikation bzw. fachlichen Eignung zur Verfügung (z.B. Maschinisten mit LKW-Führerschein, Atemschutz- und CSA-Träger) und welche Rückfallebenen/ Vertretungen sind möglich für den Quarantänefall/ Erkrankungsfall?
- Wie kann eine Pandemieplanung und -vorsorge innerhalb der eigenen Feuerwehrorganisation durchgeführt werden?
- Welche Konzepte und Planungen innerhalb der Feuerwehrorganisation auf Ebene der Länder, der Kreise und der Gemeinden sind für die Bewältigung von Einsätzen unter Pandemie-Bedingungen erforderlich?
- Welche (Schutz-)Ausrüstung ist für welche Feuerwehren in welcher Qualität und Quantität erforderlich?
- Wie können die Versorgung und der Nachschub mit Schutzkleidung und -ausrüstung sichergestellt werden?
- Wie können auch bei Kontaktbeschränkungen erforderliche Übungen, Aus- und Fortbildungen sowie Unterweisungen zur Sicherstellung der fachlichen Eignung der Feuerwehrangehörigen auf Ebene der Standorte sowie der feuerwehrtechnischen Bildungseinrichtungen auf Kreis- und Landesebene sicher durchgeführt bzw. unverzüglich nachgeholt werden?
→ Hier sind neben den vorgeschriebenen regelmäßigen Übungen, z.B. für Atemschutzgeräteträger, auch die laufbahntechnischen Anforderungen und Vorschriften der Ausbildung in der Feuerwehr (FwDV 2) zu betrachten! - Wie können Untersuchungen für Feuerwehrangehörige fristgerecht sicher durchgeführt bzw. unverzüglich nachgeholt werden?
- Wie können Prüfungen von Geräten und Ausrüstung fristgerecht durchgeführt bzw. unverzüglich nachgeholt werden?
Diese Fragestellungen sind zudem in Abhängigkeit des gemeindlichen Gefahrenpotenzials, der vorhandenen Ausrüstung und der Personalverfügbarkeit zu betrachten.
Ausblick
Die angeführten Punkte verlangen von den Feuerwehren und ihren Trägern viele ungewohnte Dinge ab. Alle Maßnahmen müssen immer wieder an die aktuellen und regionalen Gegebenheiten angepasst werden. Viele weitere Fragen werden sich im weiteren Verlauf der Lage stellen. Zurzeit entspannt sich die Situation eher, was natürlich nicht heißt, dass keine weitere Infektionswelle droht. Dafür und auch für weitere pandemische Ereignisse müssen die Feuerwehren gewappnet sein. Aus dem aktuellen Geschehen kann man nur lernen und Schlussfolgerungen ziehen. Pandemien wird es auch in Zukunft geben.
Wir stehen Ihnen gerne beratend zur Seite! Für Fragen wenden Sie sich bitte an Ihre zuständige Feuerwehr-Unfallkasse. Nachfolgend haben wir in dem Kasten einige Informationen zur weitergehenden Vertiefung der Thematik zusammengestellt.
Bleiben Sie gesund!
Internetseiten der Feuerwehr-Unfallkassen HFUK Nord, FUK Mitte und FUK Brandenburg mit aktuellen Informationen zur Lage und Entwicklung, Präventionsmaßnahmen und allgemeinen Hinweisen:
- www.hfuknord.de
→ Sonderseite Coronavirus direkt von der Startseite aus anwählbar - www.fuk-mitte.de
→ Sonderseite Coronavirus direkt von der Startseite aus anwählbar - www.fukbb.de
→ Sonderseite Coronavirus direkt von der Startseite aus anwählbar - www.dguv.de/fb-fhb/aktuell/feuerwehren/index.jsp
- Videos, z.B. auch die Filme der Medienpakete der Feuerwehr-Unfallkassen, eignen sich zum Anschauen daheim und gibt es online hier:
→ www.hfuknord.de, Webcode MPFDO