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Kai-Uwe Lohse

Kai-Uwe Lohse, Vorsitzender des Landesfeuerwehrverbandes Sachsen- Anhalt e.V.
Foto: LFV Sachsen-Anhalt

Höchste Zeit zum Handeln!

Soziale Absicherung von Einsatzkräften und ihren Angehörigen: Die beste Mitgliederkampagne verpufft, wenn das persönliche Risiko zu groß ist!

Die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehren bildet die Grundlage für den ehrenamtlich organisierten abwehrenden Brandschutz und der Technischen Hilfeleistung in unseren Ländern. Obwohl es umfangreiche Unfallverhütungsvorschriften gibt, begleiten uns bei unserer Arbeit immer hohe Risiken - bis hin zur Gefahr für das Leben unserer Feuerwehrangehörigen.

Als Einsatzkräfte in den Freiwilligen Feuerwehren sind wir einerseits abhängig von einer modernen Ausrüstung, die immer gut gewartet und geprüft werden muss. Andererseits spielen für den Einsatzerfolg nicht nur die externen Faktoren wie technische Ausrüstung und die taktischen Regeln eine Rolle. Auch die psychische und physische Verfassung der Feuerwehrangehörigen sind wesentliche Voraussetzungen für einen unfallfreien Dienst in der Freiwilligen Feuerwehr.
Trotz des hohen Qualitätsstandards bei Ausrüstung und Technik kommt es immer wieder zu Ereignissen, auf die wir als Einsatzkräfte nur teilweise oder keinen Einfluss haben. Denken wir beispielsweise an eingelagerte gefährliche Stoffe, die niemandem bekannt sind, an nicht sichtbare Baumängel oder an, um es vorsichtig auszudrücken, unentspannte Menschen, die die Einsatzkräfte beim Einsatz auf der Autobahn bedrängen. Schneller als erwartet kann es bei den Feuerwehrangehörigen zu körperlichen Schäden kommen, die bestenfalls wieder ausheilen.


„Eine erfolgreiche Mitgliedergewinnung funktioniert nicht, wenn Feuerwehrangehörige und ihre Familien nicht umfangreich abgesichert sind.“


Dass Einsatzkräfte ihr Leben lang Folgeschäden haben, kommt leider auch vor. Schlimmstenfalls verunglücken unsere Kameradinnen/ Kameraden tödlich. In diesem Fall hinterlassen sie nicht nur eine Lücke in ihrer Freiwilligen Feuerwehr, sondern eine noch viel größere Lücke in ihrem privaten Umfeld, bei ihren (Ehe)-Partnern, ihren Kindern, Eltern oder Geschwistern. Zu dem emotionalen Verlust stellt sich oft noch ein finanzieller Verlust ein.

In den letzten Jahren wurden viele präventive Maßnahmen ergriffen, die die Einsatzkräfte besser schützen sollen. Diese Schritte sind zweifellos wichtig, aber noch wichtiger ist eine umfangreiche Absicherung unserer Feuerwehrangehörigen bzw. deren Familien, wenn durch den Feuerwehrdienst ein körperlicher oder seelischer Schaden zurückbleibt.

Um auch in Zukunft die Bevölkerung für die Arbeit in der Freiwilligen Feuerwehr zu gewinnen und den Mitgliederbestand zu sichern, ist es unerlässlich, dass beim Leistungsspektrum für die Feuerwehrangehörigen durch die gesetzliche Unfallversicherung nachgebessert und ausgebaut wird. Die Feuerwehr-Unfallkassen sorgen in ihren Satzungen für eine gute Versorgung bei Akut- und Langzeitschädigungen – stoßen aber an ihre Grenzen, wenn es um die Versorgung unverheirateter Hinterbliebener geht. Die jüngste Vergangenheit und die bundesweite Diskussion um die im ehrenamtlichen Feuerwehrdienst verstorbenen Feuerwehrangehörigen in Brandenburg, Nordrhein- Westfalen und Thüringen zeigen aber, dass es noch Verbesserungsbedarf in der sozialen Absicherung gibt. Als Landesvertreter aller Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren in Sachsen-Anhalt plädiere ich dafür, dass alle im Feuerwehrdienst geschädigten Feuerwehrangehörigen bzw. deren Hinterbliebene auch dann eine Leistung erhalten, wenn die Feuerwehr-Unfallkassen keine gesetzlichen Leistungen erbringen können. Über die Brandschutzgesetze in einigen Ländern wurde bereits eine Möglichkeit geschaffen, dass die Kommunen einen Fonds einrichten können, um daraus Leistungen zu erbringen, wenn im Feuerwehrdienst ein Gesundheitsschaden eintritt, der nicht die Anforderungen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalles im Betrieb der Feuerwehr erfüllt. Dieser Fonds wird in der Regel durch die Feuerwehr-Unfallkassen verwaltet. In besonderer Würdigung des ehrenamtlichen Feuerwehrdienstes können so Leistungen an die Geschädigten erbracht werden, vorausgesetzt, die Stadt oder die Gemeinde ist diesem Fonds auch beigetreten.

Geht es um die Absicherung von unverheirateten Partnern tödlich verunglückter Feuerwehrangehöriger, ist der Gesetzgeber gefragt. Die Feuerwehr-Unfallkassen dürfen bisher nur an hinterbliebene Ehepartner oder Partner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz Leistungen erbringen. Diese Einstellung ist aus Sicht der Feuerwehren lebensfremd und entspricht nicht mehr der gesellschaftlichen Realität. Gerade das Unfallereignis in Brandenburg auf der Autobahn bei Kloster Lehnin hat deutlich gemacht, dass auch unverheiratete hinterbliebene Lebenspartner von im Feuerwehrdienst tödlich Verunglückten abgesichert sein müssen. Dies darf nicht von einem Trauschein abhängig gemacht werden. Wenn wir auch in Zukunft unseren Feuerwehranghörigen versichern wollen, dass sie und im Todesfall auch ihre Hinterbliebenen gut abgesichert sind, muss der Gesetzgeber die Grundlagen dafür schaffen. Nur so wird es möglich sein, die Freiwilligen Feuerwehren zukunftssicher aufzustellen.